James Last and his Orchestra

Vorwort von Stefan Krulle

   Wer in den Siebzigern sehr jung war und Eltern mit einer Kellerbar hatte, durfte jenen James Last, den besagte Eltern immer Hansi nannten, nur unter erschwerten Bedingungen kennenlernen. Mit siebzehn liebt niemand die Musik seiner Erzeuger, und in den Partyhöhlen unter Tage liefen die Platten von Hansi, von denen es ungeheuer viele gab. Zweieinhalb Jahrzehnte später trafen sich die Thirtysomethings zum Chillout beim Easy Listening und hörten die Platten ihrer Eltern. Und Hansi lächelte weise über Interviewtische hinweg und hieß seine neuen Fans herzlich willkommen.
   Seither kann es passieren, dass dort, wo Hansi und sein Orchester auftreten, ein paar wenige Verehrer im Alter von James Last ihren Hansi nicht mehr wiedererkennen und sehr viele junge Fans sich gebärden wie dereinst ihre Eltern bei Weinbrand und Salzletten im Untergeschoss. Und seitdem zollen auch die Medien dem Bremer in Maßen Tribut, obwohl sie sich James Last noch immer eher als Phänomenologen denn als Liebhaber nähern. Bis heute jedenfalls stellt keine gut gemachte Biographie den am 17. April 1929 geborenen Künstler vor und hat sich niemand der offensichtlichen Magie seiner Konzerte gewidmet. Dass genau dies nun ohne Worte und mit dafür umso eindringlicheren Bildern geschieht, ist erstens eine Überraschung und zweitens das Resultat einer ganz wundervollen Geschichte. Die eigentlich doch wieder gar keine ist, wie Sylva Trilck manchmal sagt, sondern eher ein großer, herrlicher Zufall. Ein paar Fotos für die Mappe ihrer jungen Karriere habe sie aufnehmen wollen, den eigenen Freund beim Spielen, er gehört zu Hansis Band, etwas von der Bühne halt.
   Und dann nahmen die Dinge ihren Lauf, wurden aus einer Show sieben mit der Fotografin neben, hinter, auf der Bühne, wuchs der Bilderberg, wurde im Kopf zur Dramaturgie. Es sei fast so gewesen, als habe sie zwischen erstem und letztem Ton allabendlich ein fremdes Leben geführt, eines, in dem Hansi lächelnd den Taktstock führte. Was er ein paar Wochen auch in Sylva Trilcks wirklichem Leben tat, als sie die Fotos in sein Heim trug. Wir können uns den kantigen Bremer sehr gut vorstellen. Ja ja, lass' mal 'ne Woche hier. Guck' ich mir in Ruhe an. Tat er dann auch. Für Sylva war es wie die erste Vernissage ihrer Werke, als Hansis Zimmer sieben Tage später volllgestellt mit ihren Fotos war. Muss man was mit machen, fand der Hausherr, und Sylva sah sich erstmals als echte Fotografin.
   Wenn Hansi jünger und sie allein gewesen wäre, sagt sie noch heute, dann hätte sie sich womöglich an diesem Tag frisch verliebt. Hat sie natürlich trotzdem ein bisschen getan. Sonst gäbe es jetzt nicht dieses Buch. Ganz auf eigene Faust ist es entstanden, Kompromisse wollte Sylva Trilck nicht eingehen. Bilder sind die einzige Sprache, und sie erzählen von Hansi und James Last und seinem Orchester mehr, als Worte sagen können. Niemand habe ihr bei dieser Arbeit helfen wollen, sie allein und ein paar Freunde haben an das Buch geglaubt. Das hat ihm gut getan, es dauert kaum zehn Seiten, und man verliert sich unversehens in einer fremden Welt ohne Farben, die man kurz zuvor noch bekannt, ja sogar ohne Spannung vielleicht glaubte.Nun ist alles ganz anders.
   Ein Mann bläst Blech, sonst nichts, aber wir wollen mehr, am besten alles von ihm wissen. Eine Frau mit Mikrofon, wir gäben viel dafür zu erfahren, was sie an diesem Abend wohl gesungen hat. Und immer wieder dieser weiße, weise Mann mit seinem gütigen Gesicht, mal wie aus Stein gehauen, mal weich und sehr empfindlich. Das soll der Hansi sein, den wir so lange am Fließband Melodien in sein Soundkorsett zwängen sahen und uns dabei seine Tage doch so komplett falsch vorstellten. In Wahrheit hat James Last Denkmäler verdient, wie sie ihm wahrscheinlich zuerst seine Englischen Fans gerne gesetzt hätten.
   Nun aber ist deren erstes dieses Buch und beinahe wäre es ein Geheimnis unter zwei sehr besonderen Menschen geblieben. Anfangs nämlich, sagt Sylva Trilck, habe sie den Band nur in einer Auflage von zwei Stück drucken lassen wollen, einen als Geschenk für Hansi, einen für sich selbst. Allein aus ökonomischer Sicht sei das Vorhaben der pure Wahnsinn gewesen. Wer hätte gedacht, dass uns ein kluger, wirtschaftlicher Gedanke eines Tages derart fantastisch in die Hände spielen würde? Keine Antwort hier und jetzt, die Bilder, sie reißen uns schon wieder mit sich fort. Wie schön!

   Stefan Krulle

zurück